Um einen Zeitpunkt für die anstehende Milchkontrolle abzumachen, habe ich mein Nachbar Patrick Buchs am Draht. Er habe dann noch blaue Kontrolle merkt er an. Ich überlege welche Kontrolle wohl blau sein könnte und frage gleich nach, was da kontrolliert wird. "Alles!" erklärt der Bauer und gerät gleich in Erklärungsnotstand. Er beginnt mit einer ellenlangen Aufzählung. Mein Interesse ist geweckt, das möchte ich mir mal ansehen.
Damit ich nicht ganz so unwissend dastehe, frage ich noch andernorts nach der blauen Kontrolle und bekomme prompt die entsprechende Internetseite geliefert. Zahlreiche gesetzliche Grundlagen, Verordnungen, Weisungen und Kontrollblätter zur Grundkontrolle in der Primärprouktion vom Amt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen sind da nachzulesen. OR und ZGB in der Landwirtschaft, denke ich mir. Ich stolpere über "Die Milch jeden Tieres ist im Vorgemelk auf organoleptische und abnorme physikalisch-chemische Merkmale zu kontrollieren". Diese Beschreibung schlägt meine Schreibkünste um Längen! Auf was habe ich mich da wohl eingelassen?
Pünktlich treffe ich den Kontrolleur und Patrick Buchs später am Tag in der Fuhra. Ich kenne den Ablauf von der Alpkontolle letztes Jahr, erst wird der Betrieb vor Ort kontrolliert und danach die Dokumente inspiziert. Der Kontrolleur beginnt seine Fragen nach Maschinen und Futtersilozustand schon vor der Stalltüre zu stellen. Danach werden Milchkannen gedreht, Zitzenbecher geprüft, Kühe, Kälber und Esel gezählt, Identität geprüft, Läger vermessen, Quadratmeter ausgerechnet, Medikamente kontrolliert und noch viele weitere Fragen gestellt.
Nachdem im Ziegenstall in der Bifäng dieselbe Prozedur vonstattenging, kommt nun der Papierkrieg dran. Belege über Herkunft von Futtermittel, Wiesenkalender, Wasseranalyse, Milchkontrolleblätter, Serviceblätter der Melkmaschine, Tierarzneimittelliste, Behandlungsjournal, Nährstoffnachweis, Begleitdokumente der Tiere und gefühlt nochmal eine handvoll Dokumente werden geprüft. Jeder Esel hat sogar seinen eigenen Pass! Ich staune einmal mehr ob der Eidgenossenschaft und deren Achtsamkeit in Behördenformat.
Zum Schluss werden Verbesserungspunkte festgehalten, die Kontrollberichte unterschrieben und ausgedruckt, sie können auch per E-Mail zugestellt werden. Der Kontrolleur nimmt sich nochmals kurz Zeit, meine Fragen zu beantworten. Aus den gesammelten Daten werden zum Beispiel die eidgenössischen Statistiken erhoben, erfahre ich. Bei Unstimmigkeiten können Nachkontrollen verordnet werden, bei groben Verstössen werden Direktzahlungen gestrichen. In den letzten Jahren seien viele Kleinbetriebe dazugekommen, die wegen der Seuchengefahr kontrolliert werden müssen. Er sehe nicht immer nur schöne Situationen.
Woher die Kontrolle die blaue Farbe hat, habe ich ob meinem ungläubigen Stirnrunzeln und Kopfschütteln vergessen zu fragen. In vier Jahren wird ja wieder kontrolliert, wahrscheinlich hat mich bis dahin jemand aufgeklärt.
Notabene: Das Amt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen hat den Artikel gegengelesen und ein paar gringfügige Änderungen gewüscht, denen ich nachgekomen bin. Das Amt wünscht auch
folgendes angefügt: "Diese Kontrollen sind da, um die Selbstkontrolle sowie die Eigenverantwortung des Betriebsleiters zu überprüfen. Zusätzlich wird ein Nachweis erbracht, dass der
Betrieb Direktzahlungsberechtigt ist. 93% der Kontrollen sind konform (!), 7% mit leichtgradigen Mängeln." Es stellt den Bauern also ein sehr gutes Zeugnis aus.
Ich habe ebenfalls im Nachhinein mit mehreren Bauern über die blaue Kontrolle diskutiert und rege hier gerne an, dass jeder interessierte Leser selber mal das Gespräch mit ihnen sucht. Jeder Konsument kann selbständig herausfinden, wie er die Landwirtschaft unterstützen kann oder will. Gelegenheit dazu gibt es bei jedem Einkauf von Lebensmitteln. Meinen geringfügigen Anteil steure ich als Milchkontrolleurin, Aushilfe in der Käserei Jaun und im Hofladen Oberbach bei.
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Opa (Mittwoch, 07 Dezember 2022 17:05)
HalloMarlies,
Super Bricht. Da müesst eigentli in Blick,damit au grad jedi Stammtischrundi ufklärt würdi.
En liebe Gruess Oma und Opa